Menschen stehen unter Strom

Im Feuilleton der Neue Osnabrücker Zeitung vom 25.2.2005

 

Er ist jung, liebt grelle Farben und mag die Musik der Band Tocotronic. Das Quartett mit den skurril-poetischen deutschen Texten hat es dem Künstler Sebastian Osterhaus derart angetan, dass er seine aktuelle Ausstellung im Foyer der Städtischen Bühnen mit einer Performance zur Musik von Tocotronic eröffnete.

 

"Under Skin - Schwindelflug der Charaktere" ist der Titel der Bilderschau, die noch bis zum 10. März zu sehen ist. Tatsächlich gehen die 25 Ölkreidewerke, die der 23-Jährige in den letzten zwei Jahren anfertigte, unter die Haut. Zum Beispiel das Selbstbildnis "Mein Teufel", in dem der Künstler den Zustand beschreibt, zwischen zwei existenziellen Entscheidungen wählen zu müssen. Sogar Elvis taucht in einem Werk auf, kaum zu erkennen, ein Zerrbild der Wirklichkeit, zu dem der King gegen Ende seines Lebens selbst wurde. Nicht ohne Grund hat Osterhaus am unteren Bildrand den Schriftzug "Drugs" am Jackenkragen des Sängers appliziert.


"Mich faszinieren Menschen und die Art, wie sie mit ihrer Umwelt kommunizieren", sagt Osterhaus, der sich darüber im Klaren ist, dass viele Menschen mit unserer schnelllebigen Zeit nicht zurechtkommen. Sie stehen "unter Strom", so lange, bis sie sich abkapseln in der Absicht, nichts mehr von der Hektik und dem Stress um sie herum mitzubekommen: Viele Augen der von Osterhaus Porträtierten sind geschlossen.


Stilistisch bewegt sich der Kunststudent auf dem schmalen Grat zwischen Realismus und Abstraktion. Als habe er die Malweise von Munch, Marc und Picasso verinnerlicht, um sie mit seiner Vorliebe für plakative Comics zu mischen. Dabei bedient er sich des kompletten Farbspektrums. Bereits mit dreizehn Jahren hatte der gebürtige Tecklenburger einen Förderpreis gewonnen, der es ihm ermöglichte, zwei Wochen in der Kunsthalle Emden zu arbeiten, eine Erfahrung, die ihn offenbar beeindruckt und künstlerisch geprägt hat.
Heute lässt Sebastian Osterhaus sich unter anderem von Musik inspirieren. "Der Prinz im Schwindelflug" heißt das Gedicht, das er schrieb, um es während einer kurzen Performance zur Eröffnung seiner Ausstellung vorzutragen. Darin bezieht er sich auf den Song "Mein Prinz" von der neuen Tocotronic-CD "Pure Vernunft darf niemals siegen".

 

Foyer der Städtischen Bühnen Osnabrück: "Under Skin - Schwindelflug der Charaktere". Ölkreidemalerei von Sebastian Osterhaus. Bis 10. März zu den Öffnungszeiten des Theaters.

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