"Momente"

"Der bewegte Augenblick"

In der Figur, dem Raum, den Farben und der Dimension einer Leinwand von Susanne Heitmann begegnet der Betrachter einem inneren Bild der Künstlerin. Es entsteht aus genauen Beobachtungen der Menschen im Alltag oder der Aussage einer Fotografie, intuitiv entsteht daraus ein Entwurf, eine Skizze. Aus vielschichtigen Farbmischungen und Schattierungen fließt das Bild, mal eng an die innere Vorstellung gebunden, mal weiter entwickelt und variiert.

Die Kraft ihrer Figuren liegt in der Haltung, eingefangen im Augenblick. Sie begegnen uns ganz im ursprünglichen Sinne des "momentum" als "movimentum" - als bewegende Kraft. Sie verharren nicht in Statik, sondern scheinen sich gerade aus dem "Moment" heraus zu lösen. Die Grenzen zwischen Figur und Freiraum sind stellenweise fließend, der Bildhintergrund wird zur Projektionsfläche ihrer Bewegung.

Im verdichteten Farbspiel der Figuren zeigen sich Gemeinsamkeiten mit Susanne Heitmanns nicht figürlichen Bildern.

Die Textur der "römischen Mauern" mit typografischen Elementen entspricht der Textur der Kleidung und des Hintergrundes der Figurenbilder. Die Farben sind erdig und vielschichtig, der Duktus verleiht den Wänden die bewegende Kraft. Gegenständlichkeit manifestiert sich grundsätzlich durch Farbdichte und Struktur, sie wird angedeutet in Nuancen und Details: im Faltenwurf eines Kleidungsstückes, in der Haltung eines Fußes, der Schultern oder in einem Türrahmen einer Hauswand.

Die jüngsten Werke lassen eine deutliche Entwicklung zum Konkreten erkennen. Die Bilder werden kontrastreicher, die Farben intensiver. Die Figuren verharren stärker in ihrer Position und nehmen deutlicher eine Haltung an; ihr Ausdruck wird individueller. Der Hintergrund definiert sich neu, Linien und geometrische Elemente gestalten einen konkreten Raum. So werden in ihren "römischen Wandbildern" Fotografien nicht nur als Vorlage genutzt, sondern als direkter Bestandteil in das Bild eingearbeitet.

"Momente" - Text von Sabine Hahn zum gleichnamigen Katalog